„Clash of Civilizations“?
Non scholae, sed (etiam) vitae discimus – „wir lernen nicht (nur) für die Schule, sondern (auch) fürs Leben“
Dieses Motto – die Inversion des ironischen Seneca-Zitats „Non vitae, sed scholae discimus – machte sich der Lateinkurs der Klassen 1a/1b zunutze und freute sich auf die versprochene ‚Belohnung‘, nach getaner Arbeit in Form einer Schulaufgabe auf Exkursion zu gehen. Uns erwartete in der Antikensammlung am Königsplatz eine hochinteressante Ausstellung zu einem Thema, das die Weltgeschichte bis auf den heutigen Tag geprägt hat. Die berühmte Seeschlacht von Salamis, in der der Athener Themistokles dank einer höchst riskanten, aber genialen Taktik die persische Übermacht überraschend (zumindest aus Sicht der Perser) vernichtend schlagen konnte. Damit legte er das Fundament für die Hegemonie Athens im 5. Jahrhundert vor Christus in der gesamten Ägäis.
Bevor wir die näheren Umstände dieses ungleichen militärischen Ringens in den Ausstellungsräumen betrachteten, ließen wir uns von unserem Musagetes (=“Musenführer“) Herrn Dr. Obermayer in die historischen Hintergründe einweihen.
Die erste persische Invasion
Die Perser waren die unangefochtene Großmacht im östlichen Mittelmeerraum (inklusive Thrakiens, also Nordgriechenlands) bis zum Ganges und Hindukusch. Nur die ostägäischen Inseln und ein schmaler Küstenstreifen Kleinasiens, also die heutige Westtürkei, mit den Städten Ephesos, Milet oder Smyrna, waren mehrheitlich griechisch dominiert: Diese Küstenstädte erhoben sich 500 v. Chr. unter der Führung Milets und mit der Unterstützung der Griechen vom Festland (Attika und Peloponnes) zum sog. „Ionischen Aufstand“ gegen das „persische Joch“. Sechs Jahre lang dauerte die Rebellion, 494 v. Chr. endete er mit der Eroberung und Zerstörung Milets durch die Perser.
Die Folgen für die Unterstützer dieses Aufstandes waren verheerend: die ‚beleidigte‘ Großmacht des Ostens unternahm zwei große Angriffskriege gegen das kleine westliche Griechenland, die sog. „Perserkriege“, 490 v. Chr. und 480 v. Chr. Wie durch ein Wunder konnte die erste Invasion unter Führung des Miltiades abgewehrt werden, nach dem griechischen Sieg in der Feldschlacht bei Marathon soll der Läufer, der die Siegesbotschaft nach Athen bringen sollte, auf der Agora tot zusammengebrochen sein: die Idee des „Marathonlaufes“ ward geboren. Die Gefallenenzahlen des Historikers Herodot sind eindrucksvoll: 192 Athener vs. 6400 persische Soldaten: Fake News?
Die zweite persische Invasion
Die zweite Invasion erfolgte zehn Jahre später, 480 v. Großkönig Xerxes I. übernahm nun selbst das Oberkommando und fiel mit einer mit erdrückend großen Streitmacht in Nordgriechenland ein. Wer kennt nicht die heroische Legende der „300“, der spartanischen Elitesoldaten unter Leonidas, die den Engpass der Thermopylen bis zum letzten Mann verteidigten, um die persischen Einheiten aufzuhalten und damit den verbündeten Griechen einen geordneten Rückzug zu ermöglichen (Schillers berühmtes Epigramm: „Wanderer, kommst du nach Sparta, verkündige dorten, du habest / Uns hier liegen gesehn, wie das Gesetz es befahl.“)
Nun kam die große Stunde des athenischen Strategen Themistokles: er hatte in der Zwischenkriegszeit die athenische Flotte Athen stark aufgerüstet und setzte jetzt alles auf eine Karte: zur Überraschung vieler evakuierte er die Großstadt Athen und gab sie kampflos der Plünderung und Zerstörung preis. Gleichzeitig erwartete er die weit überlegene persische Flotte im engen Sund von Salamis zur Entscheidungsschlacht. Der siegessichere Xerxes, der sich in einem Sessel auf einen Hügel tragen ließ, um den Untergang der griechischen Schiffe besser beobachten zu können, musste tatenlos zusehen, wie seine eigene Flotte durch die wendigeren und geschickter manövrierenden griechischen Trieren vernichtet wurde.
Die Ausstellung in der Antikensammlung
Diese dramatische Szenerie ist durch bewegende Botenberichte überliefert, die Aischylos in eine seiner frühesten Tragödien (Persai 472 v.) seine Schauspieler sprechen lässt. Diese Texte waren in der Ausstellung als überdimensionale Wandzeitung dargestellt. Eindrucksvoll waren auch die Vitrinen mit griechischen Waffen und die Rekonstruktion eines athenischen Kriegsschiffes, einer sog. „Triere“, mit drei Ruderreihen übereinander. Die athenischen Ruderer waren übrigens nicht wie in der römischen Welt Galeerensklaven, sondern freie Bürger, mit aktivem Stimmrecht und Sitz in der Volksversammlung, die ihre nicht nur für die damaligen Verhältnisse außerordentliche Freiheit mit wilder Entschlossenheit gegen die Invasoren verteidigten.
Höhepunkt der Ausstellung war ein großes viereckiges Panoramamodell des Sundes von Salamis und seiner Umgebung, auf dem die verschiedenen Phasen der Schlacht eingezeichnet waren. Wie Kadett*innen einer Militärakademie konnten wir dadurch die Bewegungen der verfeindeten Flottenverbände nachvollziehen.
Fazit
Die Ausstellung in der Antikensammlung hat uns so stark beeindruckt, dass wir beschlossen, auch die Folgeausstellung dieses Museums, „Samnium und die Samniten. Der letzte Gegner Roms, am Ende des Schuljahres zu besuchen, diesmal zusammen mit den ‚großen’ Kollegiat*innen der K II.
Dr. Hans Peter Obermayer
Bildrechte am Themistoklesbild: Rijksdienst voor het Cultureel Erfgoed: Beeld Themistocles auf Wikimedia Commons (CC BY-SA 4.0, abgerufen am 30.10.2022).