Auch wenn die Sagen Homers um Odysseus und Telemachos ca. 2.800 Jahre alt sind, so zeigen sie doch deutlich, wie die europäische Vorstellung von Demokratie in Griechenland ihren Anfang nahm. Eben jene Sagen setzten die Vorkurse in Form von selbst gespielten Theaterstücken von einer Volksversammlung während des Geschichtsunterrichts um.
Die Vorgänge auf Ithaka
Der griechische Jüngling Telemachos entsandte hier Herolde, um die Volksversammlung auf Ithaka einzuberufen. Dass es sich bei Telemachos nicht um den jungen Mann aus Homers Odyssee, sondern um einen Schüler der jeweiligen Vorkurse handelte, und die Volksversammlung nicht auf der agora auf Ithaka, sondern in einem Klassenzimmer stattfand, war dabei nur Nebensache. Nichtsdestotrotz versammelte sich das demos, also das Volk in Form der VorkursschülerInnen, zahlreich auf der agora, d.h. hier in der Mitte des Klassenzimmers. Auch Telemachos, Sohn des Odysseus, war natürlich auf der agora anwesend. Er ergriff auch das Wort, sobald er das Zepter und damit die Redeerlaubnis erhielt.
Was er da berichtete, war geradezu skandalös: Das Erbe seines Vaters Odysseus, seit über einem Jahrzehnt nicht aus dem Krieg gegen Troja zurückgekehrt, sei bedroht. Seit Jahren säßen griechische Aristokraten im Haus des Odysseus zu Tisch und schlügen sich auf dessen Kosten die Bäuche voll. Da sie das griechische Gastrecht beanspruchten, habe seine Mutter Penelope sie seit Jahren bewirten müssen. Damit, so Telemachos, würden die Aristokraten versuchen, seine Mutter Penelope zu einer neuen Heirat zu zwingen. Nur die Treue seiner Mutter zu ihrem Mann Odysseus habe dies bisher verhindern können. Doch wenn Telemachos gehofft hatte, den Konflikt auf Ithaka endlich lösen zu können, so wurde er bitter enttäuscht. Statt seine Sorgen ernst zu nehmen, wurde er vom demos und den Aristokraten nur verspottet. Auch Telemachos‘ Vorschlag, einem der Aristokraten seine Mutter als Frau zu versprechen, wenn er seinen Vater Odysseus nicht innerhalb eines Jahres gefunden habe, ging im Gelächter unter.
Was uns Homer über uns verrät
Zwar musste Telemachos betrübt die agora verlassen, die SchülerInnen der Vorkurse hingegen sprachen nach der Volksversammlung angeregt darüber. Auch wenn die Sagen Homers um Odysseus und Telemachos ca. 2.800 Jahre alt sind, so zeigen sie doch deutlich, wie die europäische Vorstellung von Demokratie in Griechenland ihren Anfang nahm. Zwar trifft man sich in München, Bayern, Deutschland oder der EU nicht mehr zeitglich zur Volksversammlung auf der agora, aber die Prinzipien sind dieselben geblieben: Gesellschaftliche Konflikte werden öffentlich diskutiert, das Volk hat das Recht zur Mitsprache und die politische Entscheidungsfindung folgt klaren Regeln.
Mehr über die Sagen Homers
Wer mehr darüber erfahren möchte, was Odysseus eigentlich die ganze Zeit trieb, während sein Sohn Telemachos und seine Frau Penelope sich mit den unliebsamen Aristokraten auf Ithaka herumschlug, dem sei die Sendung Superhelden: Odysseus des ZDFs empfohlen. Diese enthält die spektakulärsten Begegnungen Odysseus mit Menschen und Monstern auf seiner Irrfahrt. Prominente Altphilologen, Archäologen und Historiker liefern außerdem ihre Einschätzung, was sich hinter den rätselhaften Figuren der Odyssee verbergen könnte. Ob es Odysseus je nach Ithaka zurück zu Telemachos und Penelope schaffte, sehen Sie am besten in der Sendung. Oder Sie fragen eine/n unserer VorkursschülerInnen!
N. Wanninger